Sehr geehrter Herr Dr. Spies,
in Marburg wurde im Juni 2019 der Klimanotstand ausgerufen. Um in möglichst kurzer Zeit effizient der Energieverbrauch zu senken
und Einsparpotentiale zu nutzen, richtet der NABU Marburg folgende Forderungen an die Stadt Marburg:
1. Einrichtung einer effizienten, niedrigschwelligen Energieberatungsstelle, in der neben allen anderen Möglichkeiten auch die digitalen Potentiale für Energieeinsparung, z. B. durch Einzelraum- und Zonenregelung sowie smarte Technologien wie Smart Meter erläutert werden. Dies soll verbunden werden mit einer öffentlichen Informationsoffensive, in der u. a. dafür geworben wird, dass durch einfaches Absenken der Raumheizung um 1°C ohne weiteren Aufwand eine spürbare Reduktion von Energieverbrauch und CO2-Emission erreicht wird.
2. Ausrufung eines Wettbewerbs Energieeffizienz für private und öffentliche Gebäude, um die Potentiale im Besonderen im historischen Gebäudebestand zu verdeutlichen und damit Eigentümern eine Orientierung zu geben (best practice). Als Ergebnis soll ein Atlas von Gebäuden in der Stadt entstehen mit Erläuterung der umgesetzten Maßnahmen und der damit erreichten Effizienzverbesserung.
3. Die Stadtwerke sollen von der Netzlast abhängige Stromtarife einführen, um den Einsatz smarter Technologien im Haushalt für Privatpersonen attraktiv zu machen und damit Lastspitzen im Stromnetz zu verringern. Ein Stromtarif für Wärmepumpen mit zeitlich definierter maximaler Sperrzeit während der Netzlast-Spitzen soll wieder eingeführt werden.
4. Eine Reduzierung der nächtlichen Beleuchtung (kommunal und gewerblich) ist nicht nur aus Gründen der Energieeinsparung notwendig, sondern auch im Sinne des Naturschutzes sinnvoll (Insekten, Vögel, Fledermäuse), Stichwort „Lichtverschmutzung“. Die Beleuchtung von Denkmälern und Schaufenstern und alle nicht mit der öffentlichen Sicherheit in Zusammenhang stehenden Beleuchtungsanlagen sollen spätestens um 22.30 ausgeschaltet sein. Es gibt bereits in Hessen Regionen, in denen dies praktiziert wird, Marburg soll mit der Übernahme solcher Regelungen zeigen, dass die Ausrufung des Klimanotstandes ernst gemeint ist.
5. Die Genehmigung von Stromerzeugung aus Windkraft und PV soll gebunden werden an den Nachweis einer ausreichenden Stromspeicherung oder an Wasserstofferzeugung, um solche Anlagen sinnvoll im Dauerbetrieb nutzen zu können. Im Hinblick auf die bekannten Belastungen des Waldbestandes sollen möglichst keine Windkraftanlagen in geschlossenen Waldgebieten errichtet werden.
6. Wir fordern die Nutzung der Abwasserwärme für Wärmepumpen.
7. Wir fordern die schnellstmögliche Entwicklung eines kostenlosen, suffizienten park&ride-Systems.
8. Die Modellregion für Wasserstofftechnologie soll durch eigene ergänzende Aktivitäten erweitert werden wie z. B. Aufbau und Erprobung eines Gasnetzes mit Wasserstoffeinspeisung.
9. Um die Pendlerströme nicht wieder anwachsen zu lassen, sondern weiter zu reduzieren, soll die Berufstätigkeit im home office weiter gefördert und ausgebaut werden, es sollen darüber hinaus Räume für Co-working spaces geschaffen werden. Die städtischen Behörden können hier eine Vorreiterfunktion übernehmen.
10. Den Aufbau einer zentralen Belieferung der Innenstadt mit Post- und Warenverkehr halten wir für sinnvoll und notwendig.
Die Marburger Gruppe des NABU möchte weiterhin mit den Entscheidungsträgern in der Stadt Marburg in gutem Kontakt bleiben, um daran mitzuwirken, die dringend notwendigen Maßnahmen zum Erreichen von CO2-Neutralität anzustoßen und in Gang zu halten.
Mit freundlichen Grüßen
Reinhard Naumann
Mitglied der AG Energie
der NABU-Gruppe Marburg